Die Welt bewegt sich in Richtung Service. Dieser Trend macht auch vor kaum einer Industrie halt. Deshalb bieten Maschinen- und Anlagenhersteller zunehmend umfassende Services rund um Ihre Maschinen, Equipment, Fahrzeuge oder Anlagen an. Diese Transformation wird als “Servitization” bezeichnet. Doch was bedeutet dieser Begriff und warum ist er so wichtig?
Was ist Servitization?
Servitization ist die Verlagerung vom Verkauf eines reinen Produktes hin zu einem durch das Produkt ermöglichten Service. Ein altbekanntes Beispiel hierfür ist nicht mehr nur die Bohrmaschine zu verkaufen, sondern die Löcher in der Wand.
Warum ist Servitization für Hersteller so wichtig?
Produkt-, Equipment-, Geräte-, aber auch Maschinen- und Anlagenhersteller stehen vor einer herausfordernden Zukunft.
Viele Unternehmen hatten bereits vor der Corona-Pandemie mit starken Auftragsrückgängen und sinkenden Margen im Neuanlagengeschäft zu kämpfen. Als Antwort haben einige Hersteller bereits verstärkt den Fokus auf ihr Service und After-Sales-Geschäft im Sinne der Servitization gelegt. Laut McKinsey bietet das Servicegeschäft Maschinen- und Anlagenbauern einen starken Hebel, um sich vom Wettbewerb abzuheben. Denn Hersteller, die das Potenzial ihrer installierten Basis ausschöpfen, können ihren Umsatz in Service und After-Sales um bis zu 60 Prozent steigern.
Beim Service und After-Sales gibt es verschiedene Reifegrade der Digitalisierung. Viele Unternehmen stehen hier noch ganz am Anfang, wenn man bedenkt, dass laut VDMA der durchschnittliche deutsche Maschinenbauer nur zwischen 10 bis 25 Prozent der eigenen installierten Basis mit Service bedient. Die Durchführung jeder einzelnen der fünf Stufen auf der Reifegrad Skala der Servitization ist von großer Bedeutung. Das Überspringen von Schritten kann dazu führen, dass die digitale Transformation im Unternehmen verlangsamt wird oder digitale Services nicht nachhaltig und proaktiv angeboten werden können. Die genaue Einordnung Ihrer aktuellen Unternehmenssituation spielt eine wichtige Rolle, um mit der erfolgreichen Umsetzung der Servitization starten zu können.
Wie fängt man mit Servitization an?
Der Trend in Richtung Service stellt für die meisten Maschinenbauer keine großen Neuigkeiten dar. Doch wie so oft ist der erste Schritt der schwierigste.
Bevor Sie also anfangen, Ihr Servicegeschäft für die digitale Zukunft aufzustellen, sollten Sie zunächst ein Verständnis entwickeln, wo Sie heute im Reifegrad der Servitization stehen und wo Sie im Service hinwollen. Im Folgenden haben wir die fünf Stufen der Servitization für Sie zusammengefasst, mit Hilfe derer Sie Ihren Reifegrad bestimmen können. Basierend darauf können Sie dann die nächsten Schritte ableiten.
Reifegrad Skala der Servitization. Die fünf Stufen der Digitalisierung auf dem Weg ins Zeitalter von IoT
Auf der Reifegrad Skala der Digitalisierung finden Sie in der ersten Stufe die Unternehmen, die noch am Anfang bei der Servitization rund um ihre Maschinen, Equipment, Fahrzeuge oder Anlagen stehen. Am Ende stehen Unternehmen, die bereits neue Geschäftsmodelle im Sinne von Anything-as-a-Service anbieten. Die Realität ist, dass 65 Prozent der mittelständischen Maschinen- und Anlagenbauer sich zwischen den Stufen “Fail & Fix” und “Service Excellence” befinden. Die Endausbaustufe der Digitalisierung und Servitization ist dann erreicht, wenn nicht mehr das Produkt verkauft, sondern das Produkt als Service angeboten wird. Dabei handelt es sich oft um sogenannte performance-basierte Geschäftsmodelle, die mit “X-as-a-Service” beschrieben werden, wobei X für “Alles” steht.
Mit Hilfe der folgenden Erklärungen zu den Stufen können Sie einordnen, wo Sie mit Ihrem Unternehmen heute stehen:
- Sell & Forget:
Die erste Ausbaustufe der Digitalisierung beschreibt den Reifegrad, wenn Hersteller z.B. von Equipment über Jahrzehnte hinweg ihre Produkte verkauft haben und nicht genau sagen können, wo sich diese überhaupt befinden. Vollständig reaktiv bedienen Sie nur einen Bruchteil Ihrer installierten Basis mit Grundlagen Services wie der Gewährleistung und Ersatzteilen. Laut VDMA bedient z.B. der deutsche Maschinenbau nur zwischen 10 und 25 Prozent der eigenen installierten Basis mit Services. Das bedeutet, dass sich noch viele Unternehmen ganz am Anfang der Servitization befinden. - Fail & Fix:
Die zweite Ausbaustufe der Digitalisierung beschreibt Hersteller und Serviceunternehmen, die dann reagieren, wenn sich Ihre Kunden mit Anliegen zu ihren Produkten melden. Das heißt, sie bieten beispielsweise Wartung- und Instandhaltungsservices an, jedoch noch nicht proaktiv. Oft einhergehend mit diesem Reifegrad sehen wir unterdigitalisierte Prozesse wie papierbasierte Serviceberichte oder kein vorhandenes Ticketingsystem zur effizienten Verarbeitung von Serviceanfragen rund um Equipment. Auch Ersatzteile und Wartungsangebote werden hier meist noch nicht über ein digitales Serviceportal oder Ähnliches angeboten. - Service Excellence:
Unternehmen in diesem Reifegrad haben sich darauf konzentriert, ihre installierte Basis unter Kontrolle zu bekommen und alle angeknüpften Prozesse zu digitalisieren. Hier kommen oft digitale Werkzeuge ins Spiel, die sowohl dem Innen- als auch Außendienst im Service das Leben erleichtern. Beispiel hierfür sind (Field) Service Management Systeme. Die Folge sind schnellere Reaktionszeiten, hohe Serviceverfügbarkeiten, längere Planungshorizonte für Serviceeinsätze und proaktive Angebote im Service z.B. über Wartungsverträge. Da gute ServicetechnikerInnen schwer zu finden sind, geht es hier vorwiegend um Effizienzsteigerungen der Mitarbeitenden. - Digitale Services:
Viele Unternehmen möchten gerne die dritte Ausbaustufe überspringen und direkt zu Predictive Maintenance oder ähnlichen Angeboten übergehen. Um in der Zukunft digitale Services nachhaltig und proaktiv anbieten zu können, muss in Stufe drei die nötige Infrastruktur als Grundlage geschaffen werden, damit hier Technologien wie das Internet der Dinge sinnvoll Anwendung finden und dabei auch klare Geschäftsergebnisse generiert werden können. - X-as-a-Service:
Die Endausbaustufe der Digitalisierung und Servitization ist dann erreicht, wenn nicht mehr das Produkt verkauft wird, sondern das Produkt als Service angeboten wird. Dabei handelt es sich oft um sogenannte performance-basierte Geschäftsmodelle, die mit “X-as-a-Service” beschrieben werden, wobei X heutzutage für “Alles” steht. Als Beispiel wird eine Maschine hier mit einer gewissen Verfügbarkeit an den Betreiber als Service vermietet, um u.a. das Risiko der Total Cost of Ownership auf den Hersteller zu verlagern (CAPEX zu OPEX). Ohne die vorherigen Stufen der Digitalisierung durchlaufen zu haben, fällt es Herstellern in der Regel sehr schwer, diese Art von Geschäftsmodell gewinnbringend anzubieten. Es ist wichtig zu sagen, dass diese Ausbaustufe nicht für alle Produkte sinnvoll ist. Es gilt aber festzuhalten, dass sofern das jeweilige Kundensegment ein solches Geschäftsmodell wünscht, Hersteller und auch Servicepartner in der Lage sein sollten, dieses anzubieten.
Unser Praxistipp:
Fangen Sie da an, wo Sie heute wirklich stehen. Viele Unternehmen möchten mehrere Ausbaustufen überspringen. Ohne alle Stufen der Digitalisierung durchlaufen zu haben, fehlt Herstellern in der Regel die Grundlage, um den Service und After-Sales gewinnbringend zu digitalisieren. Auf dem Weg in das Zeitalter “Internet der Dinge” und zu neuen Geschäftsmodellen gibt es viele unterschiedliche Ausprägungen. Entscheidend ist, einen klaren Fahrplan für die Transformation in Richtung Zukunft aufzustellen.
Sie wissen noch nicht genau, wo Sie auf der Reifegrad Skala stehen?
Machen Sie den Selbsttest und überprüfen Sie mithilfe unserer Checkliste, bei welchem Reifegrad der Servitization Ihr Unternehmen steht.